Britische Küche

Der Ruf der britischen Küche ist sehr schlecht – das liegt vor allem daran, dass diejenigen am lautesten über die Gräuel der britischen Küche reden, die noch nie echte einheimische Küche in Großbritannien gegessen haben. Zugegebenermaßen ist das auch nicht ganz einfach, denn viele Leute können einfach nicht kochen: Die Mittelklasse ist nach dem Krieg nahezu geschlossen auf Mikrowellengerichte umgestiegen, und hat davor Bedienstete für sich kochen lassen. Die Arbeiterklasse lebt schon lange von Fertigfraß zum Mitnehmen, da die meisten Arbeiterhäuser früher keine brauchbaren Küchen und schon gar keine Herde hatten – bezeichnenderweise haben die meisten Arbeiter während der Rationierungen im und nach dem zweiten Weltkrieg gesünder gelebt als je zuvor, da sie zum ersten Mal seit der industriellen Revolution dank der Lebensmittelkarten Zugang zu ernährungsphysiologisch wervollen Lebensmitteln hatten. In den alten Industriegegenden ist sowieso eher der lokale Fertigfraß identitätsstiftend, und auch generell man wird erfolgreicher sein, die lokale Hausmannkost kennenzulernen, indem man ein Kochbuch konsultiert, als wenn man einen Einheimischen fragt. Wenn man die britische Küche etwas näher kennenlernt, wird man aber festestellen, dass sie neben Hausmannskost der allersolidesten Sorte auch adaptierte ausländische Gerichte, gehobene Küche und reichlich und sehr guten Süßkram bietet. Im Vergleich zur deutschen Küche ist die britische Küche fleischhaltiger und man findet weniger Hausmannskost, in der wenig bis gar kein Fleisch eingesetzt wird – das dürfte damit zu tun haben, dass die britische Landwirtschaft früh industrialisiert wurde und Fleisch deshalb billiger zu haben war.

Die Zutaten der britischen Küche unterscheiden sich nicht fundamental von in Deutschland verbreiteten Zutaten. Einzig Clotted Cream und eine bestimmte Art Rückenspeck mit einem Anteil Lende sind hierzulande kaum zu bekommen – da beides gekühlt werden muss, kann man sich das nicht einmal aus dem Urlaub mitbringen. Brown Sauce und Malzessig kann man sich aus dem Urlaub mitbringen; als Ersatz kann man auch Weinessig (nicht aber Balsamico) verwenden. Und dann enthalten die britischen Teebeutel doppelt so viel Tee wie deutsche Beutel und bieten dem Tee mehr Platz (und es gibt sie im 160er-Pack), aber da kann man sich mit loser irischer Mischung in entsprechender Dosierung behelfen.

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